Liliane & Armin Marchon
Sensorikprüfung durch Armin
Schnaps in reiner Form
Reportage Jahrgängerverein 1974 – Ausgabe 03-2011
Unser Aktivmitglied Armin Marchon ist Mitinhaber der Brennerei Marchon in Bösingen. Wir alle durften uns schon an den hochprozentigen Erzeugnissen von Armin erfreuen. Nachfolgend ein Interview mit Armin und ein paar Informationen zu seiner Tätigkeit und Firma.
GV: Armin, du bist Mitinhaber und Geschäftsführer der Brennerei Marchon GmbH. Seit wann gibt es die Brennerei und wie hat alles angefangen?
Armin: Mein Grossvater Joseph Mauron hat 1944 in Düdingen begonnen Schnaps zu brennen. Allerdings war es ein reiner Stöhr-Betrieb, das heisst der Schnaps wurde vor Ort gebrannt. 1993 hat dann meine Mutter Liliane den Betrieb übernommen und ich bin seit 1999 dabei. Im Jahr 2000 wurde dann die „Brennerei Marchon GmbH“ gegründet und seit 2008 bin ich Geschäftsführer.
JGV: Dann hat das Schnapsbrennen ja schon fast eine Familientradition. Was waren für dich zu Beginn die grössten Schwierigkeiten?
Armin: Grössere Probleme gab es eigentlich nicht. Aber das Brennen ist eine Tätigkeit, für die es keine eigentliche Ausbildung gibt. Der Brennereiverband und die eidgenössische Alkoholverwaltung bieten einzig einige Kurse dazu an. Das heisst, dass man auf die Erfahrung und Arbeitsanweisungen von eben erfahrenen Brennern angewiesen ist oder eben man betreibt Learning by doing. Und jede Brennanlage hat ihre Besonderheiten und reagiert anders. Das Finanzielle war eine andere Sache. Eine Anlage wie ich sie betreibe kostet rund 100’000 CHF.
JGV: Wie geht das Brennen genau vor sich?
Die Fässer werden mit dem Hochdruckreiniger aufgerührt, damit man die Maische pumpen kann. Anschliessend wird die Maische in die Brennblase gepumpt. Die Brennblase besteht aus Kupfer. Sobald die Maische in der Brennblase ist, wird geheizt. Die Brennblase ist mit einem Wasserbad umhüllt und somit vom direkten Feuer getrennt. Das Wasserbad bewirkt, dass die Maische nicht am Kupfer anbrennt. Ab 50°C verflüchtigen sich die ersten Alkoholdämpfe, die Temperatur steigt konstant bis ca. 95°C. Der Alkoholdampf steigt durch die verschiedenen Böden der Kolonne, den Dephlegmator und den Katalysator und kommt anschliessend über das Geistrohr in den Kühler. Dort werden die Alkoholdämpfe wieder bis ca. 13°C abgekühlt. Der bei einem Brand zuerst anfallende Alkohol wird durch Degustation abgetrennt. Der so genannte Vorschuss hat eine Gradstärke zwischen 70-80% Vol. = (Volumenprozent). Mittellauf läuft anschliessend ohne Unterbruch nach. Der Mittellauf wird bei ca. 50 % Vol. vom anschliessend anfallenden Nachlauf abgetrennt. Der Vor- und Nachlauf wird sofort nach der Produktion vernichtet. Nur der Mittellauf wird verwendet und auf die vom Kunden gewünschte Gradstärke (Volumen %) herabgesetzt. Bei grösseren Aufträgen kann der Nachlauf auch gesammelt und anschliessend nochmals umgebrannt werden.
Beschreibung der Anlage
Die Anlage
JGV: Wie erhält der Willibraun denn eigentlich seine Farbe?
Wir benutzen dazu Zuckercaramel. Diese wird mit dem Williams gemischt und gibt ihm den süsseren Geschmack und die Farbe. Anders ist es zum Beispiel beim Vielle Prune. Beim Vielle Prune werden Dörrzwetschgen in den Schnaps eingelegt und das etwa für 2 bis 3 Monate, bis die gewünschte Farbe und Geschmack erreicht ist. Noch einmal anders ist es beim Calvados oder Marc/Grappa. Diese brauchen Eichenholz um die typische Farbe zu bekommen
JGV: Was passiert mit den Abfällen aus der Brennerei?
Armin: Die Obstreste landen entweder im Gülleloch oder werden auf dem Feld ausgebracht. Die Abfälle enthalten kaum mehr Alkohol und das Ausbringen ist unbedenklich. Alkoholisierte Kühe habe ich den Wiesen auf jeden Fall noch keine beobachtet.
Armin beim Abfüllen
JGV: Dein Arbeitstag beginnt bereits um 6.30 Uhr. Wann trinkst du den ersten Schnaps?
Armin: (lacht) Bei der Arbeit trinke ich gar nichts und auch sonst trinke ich wenig Schnaps. Ich unterziehe jede Brennung aber einer Sensorikprüfung. Das heisst, ich überprüfe Geruch und Geschmack. Den Schnaps muss ich aber wieder ausspucken, sonst wäre für mich am Mittag Feierabend.
JGV: Kann jeder bei dir sein 25 Liter Fässli Früchte zum Brennen bringen?
Armin: Grundsätzlich schon. Im Minimum braucht man aber 30 Liter/kg Obst, bei Quitten oder Williams 50 bis 60 Liter/kg damit die Produktion sinnvoll ist. Aus 100 kg Quitten oder Williams werden am Schluss zwischen 3 und 5 Liter Schnaps. Bei 100 kg Äpfeln oder Kirschen erhält man 8 bis 12 Liter. Die Früchte der verschiedenen Kunden werden bei uns nicht gemischt, das heisst, dass man als Kunde sicher sein kann, dass der Schnaps aus den eigenen Früchten gewonnen wurde. Das ist zwar etwas aufwändiger aber schlussendlich gerechter, da nicht jeder die gleiche Früchtequalität abliefert.
Formular für die Alkoholverwaltung
JGV: Woher stammen die Früchte für deinen Schnaps den du im Laden verkaufst?
Armin: Den Grossteil kaufe ich bei Landwirten und Privaten in der Region ein. Williamsbirnen und Aprikosen kommen aus dem Wallis. In diesem Jahr haben wir 16 Tonnen Obst eingekauft. Die Preise für die verschiedenen Obstsorten variieren beträchtlich. Äpfel kosten zwischen 20 und 30 Franken pro 100 kg, Williamsbirnen kosten 130 Franken und mehr pro 100 kg.
JGV: Wie lange dauert die Brennsaison?
Armin: Die Saison beginnt Ende Oktober. Gebrannt wird dann bis Ende Juli. In Juni und Juli bin ich zudem noch mit der Störbrennerei unterwegs. Der Kessel wird dann mit Holz beheizt. Wie früher. Einfach ohne Ross.
JGV: Über welche Kanäle verkaufst du deine Schnäpse?
Armin: Wir verkaufen nur direkt hier im Laden. Die meisten Kunden stammen aus der Region. Es gibt aber auch Kunden die von weiter her kommen, Zürich, Basel, Luzern. Auslandschweizer bitten zum Teil ihre Verwandten und Bekannten bei Besuchen meinen Schnaps mitzubringen. Wir haben keine speziellen Öffnungszeiten, aber es ist in der Regel immer jemand da. Und wenn Kunden zu einer eher unüblichen Zeit etwas brauchen, reicht ein Anruf. Am Abend und an Samstagen ist die Kundenfrequenz am höchsten. Unser Sortiment umfasst auch ganz spezielle, mundgeblasene Flaschen. Das sind wahre Kunstwerke.
Verkaufsladen
JGV: Bietest du noch weitere Produkte an?
Armin: Seit mehreren Jahren kann gibt’s bei uns das Treberwurstessen. Die Saison beginnt im November und geht bis März. Die Würste kommen von der Dorfmetzgerei Schaller. Diese werden dann bei 80 bis 85 Grad in der Brennblase auf dem Traubentrester für mindestens eine Stunde gekocht. Aus dem Trester wird Marc oder Grappa gemacht. Die Würste werden dann im Lokal flambiert, geschnitten und serviert. Dazu gibt’s Häppersalat und Brot und das alles à Discretion. Auf dem Tisch darf die Flasche Marc natürlich nicht fehlen. Der ist im Preis allerdings nicht inbegriffen.
Die speziellen Flaschen sind zum Teil wahre Kunstwerke
JGV: Lokale Biere und Brauereien haben gerade Hochkonjunktur. Hast du einmal daran gedacht dich als Bierbrauer zu versuchen?
Armin: Nein, für mich ist das kein Thema. Schnaps brennen und Bier brauen sind zwei ganz unterschiedliche Dinge. Zudem bin ich mit dem Betrieb wie er jetzt läuft bereits gut ausgelastet. Most pressen wäre eventuell eine Erweiterungsmöglichkeit. Die Saison ist aber Zeitgleich mit dem Brennen. Whisky könnte vielleicht einmal ein Thema werden. Aber sicher nicht in den nächsten Jahren.
JGV: Was macht für dich einen guten Schnaps aus?
Armin: Dass er von mir gebrannt wurde.
JGV: Merci Armin für den Einblick ins Brenner-Business.